Alkoholfahrt auf Mofa: Verweigern der MPU kann Fahrverbot nach sich ziehen

22Um ein Fahrrad oder Mofa zu fahren, braucht es keine Fahrerlaubnis. Dennoch kann die Behörde das Fahren solcher erlaubnisfreien Fahrzeuge verbieten. Worum es geht, zeigt ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 23. Mai 2025 (Az. 1 A 176/23). Ein Mann, der mehrfach alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen und eine angeordnete medizinisch-psychologische Untersuchung verweigert hatte, darf auf öffentlichen Straßen auch keine erlaubnisfreien Fahrzeuge mehr führen. Was das im Alltag bedeutet und wie das Gericht argumentiert, erfahren Sie in diesem Artikel der Kanzlei am Südstern aus Berlin.

Ein Mann und wiederholte Alkoholfahrten mit Folgen

Der Kläger war früher im Besitz verschiedener Fahrerlaubnisklassen. Bereits 2013 fuhr er einen Pkw mit 1,75 Promille und das Amtsgericht entzog ihm 2014 die Fahrerlaubnis. Ein nervenärztliches Gutachten aus demselben Jahr bescheinigte ihm einen stabilen Gesundheitszustand, wies aber auf überlagerten Alkoholmissbrauch hin. Die klare Botschaft war, dass er seine Fahreignung nur über eine medizinisch-psychologische Untersuchung, die sogenannte MPU, nachweisen könne. Anträge auf Neuerteilung 2014 und 2015 scheiterten, weil er die MPU nicht vorlegte.

2017 wurde er erneut verurteilt, diesmal wegen fahrlässiger Trunkenheit bei 1,71 Promille in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis auf einer Vespa. Der entscheidende Anlass für die spätere Verbotsverfügung folgte 2019: Am 12. Juli 2019 fuhr er ein Mofa mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,83 Promille. Er verlor die Kontrolle und stürzte zusammen mit seiner Beifahrerin. Das Amtsgericht verhängte 2020 per Strafbefehl eine Geldstrafe und eine längere Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis.

Daraufhin ordnete die Fahrerlaubnisbehörde am 17. August 2020 eine MPU zur Eignung für erlaubnisfreie Fahrzeuge an. Er sollte klären lassen, ob auch künftig zu erwarten ist, dass er unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug führt oder sein Alkoholkonsum das sichere Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge in Frage stellt. Zugleich wies die Behörde darauf hin, dass bei Nichtvorlage der MPU von fehlender Eignung ausgegangen werden kann. Der Kläger reagierte nicht. Nach Anhörung untersagte die Behörde ihm am 2. November 2020 das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr und verlangte die Abgabe der Mofa-Prüfbescheinigung. Die Verfügung wurde sofort vollziehbar gestellt.

Der Kläger wehrte sich. Er machte geltend, das Verbot sei unverhältnismäßig, ein Fahrrad sei viel weniger gefährlich als ein Kraftfahrzeug, und er sei auf das Rad angewiesen, um von seinem Wohnort zu seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Vor allem hielt er die Rechtsgrundlage, auf die sich die Behörde stützte, für zu unbestimmt. Gemeint ist § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der es erlaubt, bei fehlender Eignung das Führen auch erlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen. Diese Norm sei, so der Kläger unter Berufung auf Urteile anderer Obergerichte, nicht hinreichend bestimmt. Im Eilverfahren bekam er zunächst teilweise recht: Das OVG stellte 2021 vorläufig die aufschiebende Wirkung wieder her, beschränkte dies aber darauf, dass er vorläufig muskelbetriebene erlaubnisfreie Fahrzeuge ohne Mitnahme von Personen führen durfte. Zugleich stellte das Gericht klar, dass die Hauptsache offen sei.

Hinzu kam ein neuer Vorfall: Am 13. Dezember 2021 fuhr der Kläger erneut, diesmal mit einem erlaubnispflichtigen Motorroller, bei 1,66 Promille und unter Einfluss von Amphetamin. Er erklärte, er habe nur schnell zur Tankstelle fahren wollen, um Bier zu holen, und den Roller irrtümlich für gedrosselt gehalten. Das Amtsgericht verurteilte ihn 2022 zu einer Bewährungsstrafe und verhängte eine erneute Sperrfrist. Die Behörde wies den Widerspruch gegen die Verbotsverfügung Ende 2021 zurück. Der Kläger erhob Klage und beantragte, das Verbot zumindest für Fahrräder aufzuheben.

Er argumentierte weiter, § 3 FeV sei zu unbestimmt und das umfassende Verbot unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht wies die Klage 2023 ab, ließ aber wegen der grundsätzlichen Fragen die Berufung zu. In der Berufung stützte sich der Kläger unter anderem auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der § 3 FeV kritisch sieht. Die Behörde hielt dagegen, die Anordnung der MPU sei wegen der 1,83 Promille auf dem Mofa zwingend gewesen, die Weigerung rechtfertige den Schluss auf Nichteignung, und die Gefahren für den Straßenverkehr seien auch bei erlaubnisfreien Fahrzeugen erheblich.

OVG Saarlouis bestätigt das Verbot nach verweigerter MPU

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat die Berufung zurückgewiesen. Die Untersagung, erlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen, sei rechtmäßig. Nach Auffassung des Gerichts trägt § 3 der Fahrerlaubnis-Verordnung diese Maßnahme, jedenfalls in einer Konstellation wie dieser: Nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem erlaubnisfreien Fahrzeug bei 1,83 Promille und der Weigerung, eine angeordnete MPU beizubringen, durfte die Behörde die Eignung verneinen und das Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge untersagen.

Zur Begründung stellte der Senat drei Punkte heraus. Erstens sah er die verordnungsrechtliche Grundlage als ausreichend an. § 3 FeV stütze sich auf § 6 des Straßenverkehrsgesetzes in der alten Fassung, der dem Verordnungsgeber Maßnahmen zum Schutz der sicheren Teilnahme am Straßenverkehr auch für Personen ohne Fahrerlaubnis erlaubt. Für Laien wichtig: Es geht nicht um eine Fahrerlaubnisentziehung, sondern um ein eigenständiges Verbot für Fahrzeuge, für die man eigentlich keine Fahrerlaubnis benötigt, zum Beispiel Fahrräder, E-Scooter oder Mofas.

Zweitens sei die Vorgehensweise der Behörde klar und vorhersehbar. Ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille darf die Behörde eine MPU anordnen, und zwar auch dann, wenn die Alkoholfahrt nicht mit einem Auto, sondern mit einem erlaubnisfreien Fahrzeug begangen wurde. Die MPU ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten, das klärt, ob jemand zwischen Alkoholkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr sicher trennen kann. Wenn ein Betroffener die MPU ohne ausreichenden Grund verweigert, darf die Behörde aus dieser Weigerung auf fehlende Eignung schließen. Genau das war hier der Fall. Die Anordnung war ordnungsgemäß, die Frist zwar knapp, aber ausreichend, und die Fragestellung zielte richtig auf die Eignung für alle erlaubnisfreien Fahrzeuge ab. Aus Sicht des Gerichts war es angesichts der Vorgeschichte nicht erforderlich, die Prüfung nur auf Mofas zu beschränken. Die wiederholten, teils deutlich über 1,6 Promille liegenden Alkoholfahrten des Klägers ließen die Gefahr erkennen, auch mit anderen erlaubnisfreien Fahrzeugen alkoholisiert am Verkehr teilzunehmen.

Drittens sei die Maßnahme verhältnismäßig. Das Gericht betonte, dass ein Verbot für Fahrräder und ähnliche Fahrzeuge einen spürbaren Eingriff in die persönliche Mobilität darstellt. Gleichwohl sei die von alkoholisierten Führern erlaubnisfreier Fahrzeuge ausgehende Gefahr erheblich. Unvorhersehbare Fahrmanöver können andere Verkehrsteilnehmer zu riskanten Ausweichreaktionen zwingen und schwere Unfälle auslösen. Deshalb sei es gerechtfertigt, nach einer Alkoholfahrt mit 1,6 Promille oder mehr eine MPU zu verlangen und bei Weigerung das Führen erlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen.

Das OVG setzte sich zudem mit der unterschiedlichen Rechtsprechung auseinander. Einige Obergerichte halten § 3 FeV für zu unbestimmt oder verlangen eine feinere Abstufung je nach Fahrzeugart. Das OVG Saarlouis folgt dem in einem Fall wie diesem nicht. Es verweist darauf, dass die 1,6 Promille-Schwelle auch außerhalb von Autofahrten eine belastbare Anknüpfung für Eignungszweifel bietet. Zugleich stellt das Gericht klar, dass das Verbot kein Dauerzustand sein muss. Wer seine Eignung wiedererlangt, kann die Aufhebung beantragen. Schließlich ließ der Senat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. Der Kläger kann innerhalb eines Monats ab Zustellung Revision einlegen, sodass höchstrichterlich Klarheit geschaffen werden könnte.

Was bedeutet das für Radfahrer und Mofafahrer?

Wer mit 1,6 Promille oder mehr auf dem Rad, Mofa oder E-Scooter erwischt wird, muss damit rechnen, dass die Behörde eine MPU anordnet. Wird diese verweigert, kann im Ergebnis ein Verbot folgen, auch erlaubnisfreie Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Die Gerichte bewerten die Rechtslage nicht einheitlich, doch das OVG Saarlouis hat in dieser Konstellation das Verbot bestätigt. Für Betroffene bedeutet das: Nehmen Sie eine MPU-Anordnung ernst, reagieren Sie fristgerecht und lassen Sie sich beraten. Oft entscheidet der Einzelfall, etwa die Höhe der Alkoholisierung, die Vorgeschichte und das Verhalten danach. Die Kanzlei am Südstern unterstützt Sie dabei, die richtigen Schritte zu gehen, Akteneinsicht zu nehmen und realistische Optionen auszuloten, sei es gegen eine bestehende Verfügung vorzugehen oder die Voraussetzungen für eine Aufhebung zu schaffen.

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Dieser Blog-Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei konkreten Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Saarlouis vom 23. Mai 2025, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichts.