Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Straßenverkehr

Am 29. Januar 2024 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken (Az.: 1 ORs 1 SRs 16/23) einen interessanten Fall, der zeigt, wie komplex das Zusammenspiel von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten im Straßenverkehr sein kann. Der Fall betraf einen Mann, der ohne Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teilnahm und gleichzeitig den Termin zur Hauptuntersuchung seines Fahrzeugs überschritten hatte.

Polizeikontrolle und eingeleitete Verfahren

Im Dezember 2022 wurde ein Mann in Kaiserslautern von der Polizei angehalten, weil er mit seinem PKW am öffentlichen Straßenverkehr teilnahm, obwohl er wusste, dass er keine gültige Fahrerlaubnis besaß. Bei der Verkehrskontrolle stellte die Polizei außerdem fest, dass der Termin zur Hauptuntersuchung (HU) seines Fahrzeugs bereits im Februar 2022 verstrichen war. Dies führte dazu, dass sowohl ein Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis als auch ein Bußgeldverfahren wegen des Überschreitens der HU-Frist gegen ihn eingeleitet wurden.

Das Amtsgericht (AG) Kaiserslautern verurteilte den Mann im Bußgeldverfahren zu einer Geldbuße von 60 Euro wegen fahrlässigen Überschreitens des HU-Termins. Im Strafverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis entschied das AG jedoch, das Verfahren einzustellen. Das Gericht argumentierte, dass durch die Verurteilung im Bußgeldverfahren ein sogenannter „Strafklageverbrauch“ eingetreten sei. Das bedeutet, dass niemand wegen derselben Tat mehrmals abgeurteilt werden darf.

Die Staatsanwaltschaft war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Revision ein. Sie argumentierte, dass die beiden Taten – das Fahren ohne Fahrerlaubnis und das Überschreiten des HU-Termins – getrennt betrachtet werden müssten, da sie keine innere Verknüpfung aufwiesen.

Entscheidung und Begründung des Oberlandesgerichts

Das OLG Zweibrücken gab der Revision der Staatsanwaltschaft statt und hob das Urteil des AG Kaiserslautern auf. Das OLG stellte klar, dass zwischen den beiden Taten keine innere Verknüpfung besteht, die einen Strafklageverbrauch rechtfertigen würde. Die Richter argumentieren, dass das Überschreiten des HU-Termins eine Ordnungswidrigkeit darstellt, die unabhängig davon besteht, ob das Fahrzeug im Straßenverkehr genutzt wird oder nicht. Diese Ordnungswidrigkeit knüpft an die Haltereigenschaft des Angeklagten an.

Das Fahren ohne Fahrerlaubnis hingegen ist eine Straftat, die an die Fahrereigenschaft des Angeklagten anknüpft. Die beiden Taten stehen somit ohne erkennbare Beziehung oder Bedingungszusammenhang zueinander. Das OLG erklärte, dass eine Unterlassungstat, wie das Versäumen des Termins für die HU nur dann zusammen mit einer Begehungstat, wie dem Fahren ohne Führerschein, als eine einzige Tat betrachtet werden kann, wenn das Ausführen der Begehungstat im Gegensatz zur Pflicht steht, die Unterlassung zu verhindern. Einfacher gesagt: Wenn jemand etwas tut, was er nicht darf, und gleichzeitig etwas nicht tut, was er tun müsste, dann kann das als eine Tat gelten, wenn das Tun und Nichttun miteinander in Konflikt stehen. Dies war hier nicht der Fall.

Das OLG Zweibrücken verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des AG Kaiserslautern zurück. Damit wurde klargestellt, dass die Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nicht automatisch eine Verurteilung wegen einer damit zusammenhängenden Straftat ausschließt, solange keine innere Verknüpfung zwischen den Taten besteht.

Fazit

Dieser Fall verdeutlicht, wie wichtig es ist, die spezifischen Umstände und die rechtlichen Grundlagen jeder einzelnen Tat genau zu prüfen. Für Betroffene kann es daher ratsam sein, sich in solchen komplexen rechtlichen Angelegenheiten von einem erfahrenen Anwalt beraten zu lassen.

Die Kanzlei am Südstern aus Berlin steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Strafrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.

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Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Oberlandesgericht Zweibrücken vom 29. Januar 2024.