von Simon Richters und Rechtsanwalt Vincent Aydin (u.a. Rechtsanwalt für Verkehrsrecht)
Dass Recht haben und Recht bekommen nicht immer miteinander einhergeht, wissen vor allem Menschen, die schon einmal mit dem Verkehrsrecht in Kontakt gekommen sind, nur zu gut. Da sich im Verkehrsrecht häufig zwei gegensätzliche Aussagen gegenüber stehen, sofern keine weiteren Zeugen des Unfallgeschehens aufzufinden sind, wird in der Rechtsprechung oft auf den Anscheinsbeweis zurück gegriffen, wenn die Bewertung aller vorliegenden Beweise zu keinem exakten Ergebnis führt.
Der Anscheinsbeweis ist eine Rechtsfigur, die im juristischen Bereich überwiegend Anerkennung findet. Mit Hilfe der allgemeinen Lebenserfahrung soll hierbei eine Lücke in der Sachverhaltsfeststellung überbrückt werden, das heißt im Klartext also, dass man, wenn man als Richter einen lebensnahen Sachverhalt vorliegen hat, im Zweifelsfall davon ausgehen soll, dass er sich so abgespielt hat, wie es die Erfahrung des Lebens einen gelehrt hat.
Das Problem hierbei liegt auf der Hand: Frei nach dem Motto, dass Ausnahmen die Regel bestätigen, kann es durchaus sein, dass der eigene Mandant einen Sachverhalt eben nicht so erlebt hat, wie es normalerweise der Fall wäre. Dann ist es vor Gericht teilweise schwierig, ein gerechtes Urteil zu erkämpfen, selbst wenn man der festen Überzeugung ist, dass der eigene Mandant die Wahrheit spricht, weil Gerichte sich häufig eher vom Anscheinsbeweis leiten lassen, als von der Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Zeugen. Ob dies der richtige Weg ist, darf sicherlich in Frage gestellt werden. Wahrscheinlich ist es aber der einfachere.
Um den Anscheinsbeweis zu zerrütten bedarf es viel Arbeit und Feingefühl. Der Beweisgegner muss hierbei die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen, das heißt er muss konkrete Zweifel daran geltend machen, dass der Sachverhalt sich so zugetragen hat, wie es der Anscheinsbeweis darlegt. Dass dies nicht immer möglich ist bzw. häufig auch von dem guten Willen des Richters abhängig ist, bleibt eine der größten Schwächen des Anscheinbeweises.
Für Autofahrer im Allgemeinen gibt es jedoch tatsächlich eine recht einfache Möglichkeit sich in den meisten Fällen vor der Willkür des Anscheinbeweises zu schützen: Die Dashcam. Hierbei handelt es sich um eine Kamera auf dem Armaturenbrett, die das Verkehrsgeschehen permanent mitfilmt. Wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15.05.2018 (Az. VI ZR 233/17) entschieden hat, verstoßen die Aufnahmen zwar gegen das Datenschutzrecht, dies sei aber unter dem Aspekt, dass Unfallbeteiligte sowieso Angaben zur Person, Versicherung und Führerschein machen müssen, zu verschmerzen, weil Dashcams im Zweifelsfall wichtige Erkenntnis über den Unfallhergang liefern können.
So erhöhen sie also im Straßenverkehrsrecht durch die Nutzung einer Dashcam die Chancen darauf, Recht zu bekommen. Sollten Sie fragen haben oder rechtlichen Beistand im Verkehrsrecht brauchen, sind wir jederzeit für Sie da.