Am 9. Januar 2025 entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg (Az.: 3 W 55/24) über einen Erbschaftsstreit, der die Gültigkeit eines Testaments betraf. Der Fall drehte sich um die Frage, ob die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war und ob sie das Testament eigenhändig geschrieben hatte. Erfahren Sie mehr über die konkrete Situation und die Entscheidung des OLG über die Gültigkeit des Testaments im heutigen Artikel der Kanzlei am Südstern in Berlin.
Erblasserin hinterlässt mehrere handschriftliche Testamente
Im Mittelpunkt dieses Falls stand eine Erblasserin, die mehrere handschriftliche Testamente hinterlassen hatte. Das letzte Testament, datiert auf den 8. Februar 2019, setzte den vorverstorbenen Lebensgefährten der Erblasserin als Vorerben und eine dritte Person als Nacherbe ein. Zuvor hatte sie in einem Testament vom 13. November 2017 ihre Tochter und in einem weiteren von 2013 ihre Urenkelin bedacht. Ihr Sohn, der Beschwerdeführer, stellte jedoch die Gültigkeit dieser Testamente infrage.
Der Beschwerdeführer argumentierte, dass seine Mutter aufgrund einer Demenzerkrankung zum Zeitpunkt der Testamentserstellung testierunfähig gewesen sei. Zudem argumentierte er, dass sie Analphabetin gewesen sei und das Testament deshalb nicht selbst geschrieben haben könne. Er vermutete, dass es vielmehr der damalige Lebensgefährte der Erblasserin verfasst hatte.
Das Nachlassgericht nahm sich der Sache an und hörte die Beteiligten, befragte die Schwester der Erblasserin als Zeugin und zog ein Sachverständigengutachten bei. Doch die Gutachterin konnte nicht sicher bestätigen, dass die Erblasserin im Februar 2019 testierunfähig war. Auch die Behauptung, dass sie nicht lesen und schreiben konnte, ließ sich nicht belegen. Stattdessen sprachen die Aussagen des Testamentsvollstreckers und das Schriftbild des Testaments dafür, dass die Erblasserin das Dokument tatsächlich selbst verfasst hatte.
OLG Brandenburg prüft die Gültigkeit des Testaments
Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde des Sohnes zurück. Der in dem Testament von Februar 2019 eingesetzte Nacherbe wurde somit als Alleinerbe anerkannt.
Das Gericht stellte fest, dass die Erblasserin das Testament eigenhändig geschrieben hatte. Obwohl sie nur wenige Jahre die Schule besucht hatte, war sie in der Lage, den vorformulierten Text des Testaments abzuschreiben. Unter anderem die Aussage der Schwester bestätigte, dass die Erblasserin schreiben konnte. Auch ein handschriftlicher Zettel mit den Bankdaten der Erblasserin und das übereinstimmende Schriftbild des Testaments und der Unterschriften stützten diese Annahme.
Zur Frage der Testierfähigkeit führte das Gericht aus, dass die Beweislast für die Testierunfähigkeit beim Beschwerdeführer lag. Die Sachverständige konnte nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die Erblasserin im Februar 2019 testierunfähig war. Die Diagnose einer Demenz im Dezember 2019 reichte nicht aus, um rückwirkend eine Testierunfähigkeit im Februar 2019 zu belegen; insbesondere, weil keine konkreten Verhaltensauffälligkeiten oder medizinischen Befunde auf eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung hinwiesen.
Das Gericht entschied daher, dass das Testament vom 8. Februar 2019 wirksam war. Der Beschwerdeführer musste die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
Fazit
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die formalen Anforderungen an ein Testament genau zu beachten. Ein eigenhändig geschriebenes Testament kann auch dann wirksam sein, wenn der Erblasser nur über begrenzte Schreibfähigkeiten verfügt. Zudem muss die Testierunfähigkeit eindeutig nachgewiesen werden, um ein Testament anzufechten. Für Erblasser und Erben ist es daher ratsam, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Die Kanzlei am Südstern aus Berlin steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Erbrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
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Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Oberlandesgericht Brandenburg vom 9. Januar 2025, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.