Im April 2023 ereignete sich ein Vorfall in München, der vor dem Amtsgericht München (Aktenzeichen: 338 C 15281/24) verhandelt wurde. Ein 76-jähriger Fahrgast stürzte in einem Linienbus, als dieser aufgrund eines abrupten Spurwechsels eines PKW eine Vollbremsung durchführen musste. Der Fall wirft die Frage auf, wie weit die Verantwortung von Fahrgästen für ihre eigene Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr reicht. Erfahren Sie mehr über die Entscheidung des Gerichts in diesem Blogartikel der Kanzlei am Südstern.
Der Unfall und die Forderungen des Klägers
Am Abend des 11. April 2023 gegen 18:30 Uhr kam es in München zu einem folgenreichen Verkehrsunfall. Der Kläger, ein 76-jähriger Fahrgast, stand in einem Linienbus, als ein plötzliches Spurwechselmanöver eines PKW den Busfahrer zu einer Vollbremsung zwang. Der Mann, der sich nur mit einer Hand festhielt, verlor das Gleichgewicht, stürzte und erlitt Prellungen an Brustwirbelsäule und Becken sowie eine Überdehnung des Daumensattelgelenks. Er gab an, vier Wochen unter Schmerzen gelitten zu haben und bis heute nicht beschwerdefrei zu sein.
Der Kläger verklagte den Fahrer des PKW und dessen Versicherung auf Zahlung von knapp 2.000 Euro Schmerzensgeld sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Er argumentierte, dass der PKW-Fahrer durch seinen abrupten Spurwechsel die Vollbremsung des Busses verursacht habe und somit für seine Verletzungen verantwortlich sei. Zudem behauptete er, dass der Busfahrer ebenfalls unangemessen schnell gefahren sei, um noch über die grüne Ampel zu kommen.
Die Beklagten, also der PKW-Fahrer und seine Versicherung, wiesen die Vorwürfe zurück. Sie argumentierten, dass der Fahrstreifenwechsel rechtzeitig angekündigt und in ausreichendem Abstand vor dem Bus durchgeführt worden sei. Zudem bestritten sie, dass der Kläger sich ausreichend Halt verschafft habe und dass kein weiterer Platz im Bus frei gewesen sei. Sie betonten, dass der Kläger selbst für seine Sicherheit verantwortlich sei und dass seine Beschwerden nicht ausschließlich auf den Unfall zurückzuführen seien, da er bereits vorher unter degenerativen Erkrankungen gelitten habe.
Entscheidung des AG: Eigenverantwortung des Fahrgastes
Das Amtsgericht München entschied, dass die Klage unbegründet sei und wies sie ab. Das Gericht stellte fest, dass die Fahrweise des PKW-Fahrers zwar zum Sturz des Klägers beigetragen habe, die Haftung jedoch aufgrund des vollständigen Mitverschuldens des Klägers ausgeschlossen sei. Jeder Fahrgast sei verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen, um bei Gefahrenbremsungen nicht zu stürzen und sich zu verletzen.
Das Gericht führte aus, dass der Kläger sich lediglich mit einer Hand festgehalten habe, während er in der anderen Hand einen Einkaufstrolley hielt. Diese Position sei nicht ausreichend gewesen, um bei einer abrupten Bremsung stabil zu bleiben. Zudem seien im Bus ausreichend Sitzplätze frei gewesen, die der Kläger hätte nutzen können. Direkt hinter ihm sei ein Sitzplatz mit einer Haltestange zum Festhalten frei gewesen. Das Gericht betonte, dass im Stadtverkehr regelmäßig mit heftigen Bremsungen gerechnet werden müsse und der Kläger aufgrund seines Alters und des Mitführens des Trolleys besonders vorsichtig hätte sein müssen.
Das Gericht berücksichtigte auch die Videoaufnahmen der Businnenkamera, die zeigten, dass keine anderen Passagiere bei der Vollbremsung stürzten. Dies bestätigte die Annahme, dass der Kläger sich nicht ausreichend gesichert hatte. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das grob fahrlässige Verhalten des Klägers die Betriebsgefahr des PKW zurücktreten lasse und somit keine Haftung der Beklagten bestehe.
Fazit
Insgesamt zeigt dieses Urteil, dass Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr eine Eigenverantwortung tragen, sich selbst ausreichend zu sichern. Das Gericht machte deutlich, dass die Pflicht zur Selbstsicherung nicht nur eine Schutzvorschrift ist, sondern auch haftungsrechtliche Konsequenzen hat, wenn sie nicht beachtet wird.
Die Kanzlei am Südstern aus Berlin steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Verkehrsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Mehr Informationen zum Verkehrsrecht erhalten Sie hier.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Amtsgerichts München vom 18. Oktober 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.