Reiserecht kann manchmal kompliziert erscheinen, insbesondere wenn es um Stornierungen geht. Ein aktueller Fall, der vor dem Amtsgericht München verhandelt wurde (Az: 275 C 20050/23, Entscheidung vom 18.04.2024), gibt interessante Einblicke in die rechtliche Bewertung einer vermeintlich versehentlichen Stornierung. In diesem Blogartikel beleuchten wir die Hintergründe des Falles und die Entscheidung des Gerichts.
Der Fall: Eine Reise nach Faro
Im Juni 2023 buchte der Kläger eine 9-tägige Reise nach Faro (Portugal) für sich und seine Ehefrau bei einem Reiseveranstalter. Die Buchungssumme belief sich auf 4.548,26 EUR. Kurz nach der Buchung stornierte der Kläger die Reise über die Homepage des Anbieters. Der Reiseveranstalter belastete daraufhin das Konto des Klägers mit einer Stornogebühr in Höhe von 3.859,21 EUR. Am selben Tag versuchte der Kläger, die Stornierung mittels einer E-Mail rückgängig zu machen.
Streit um versehentliche Stornierung und Baustelleninformation
Der Kläger gab an, dass er erst nach der Buchung erfahren habe, dass sich neben dem gebuchten Hotel eine Baustelle befinde. Dies habe ihn dazu veranlasst, sich im Internet über Möglichkeiten der Umbuchung zu informieren. Bei dieser Recherche habe er, bedingt durch die unübersichtliche Gestaltung der Homepage des Anbieters, versehentlich die Stornierung der Reise eingeleitet. Er betonte, dass er lediglich eine Umbuchung beabsichtigt habe und die erfolgte Stornierung nicht seinem Willen entspräche. Daraufhin focht er die abgegebene Willenserklärung zur Stornierung an und verlangte die Rückerstattung der Stornogebühren.
Der Reiseveranstalter widersprach dieser Darstellung. Er argumentierte, dass die Stornierung nur durch das Durchlaufen mehrerer klar definierter Schritte möglich sei, und es daher unwahrscheinlich sei, dass der Kläger sich bei jedem dieser Schritte “verklickt” habe. Zudem sei dem Veranstalter durch die Stornierung ein finanzieller Schaden entstanden, da die einzelnen Reiseleistungen, wie Flüge und Hotelbuchungen, bereits im Voraus bezahlt worden seien.
Entscheidung des Gerichts
Das Amtsgericht München entschied zugunsten des Reiseveranstalters und wies die Klage ab. Das Gericht stellte fest, dass der zwischen den Parteien geschlossene Reisevertrag wirksam storniert worden war. Eine Anfechtung der Stornierung aufgrund eines Irrtums in der Erklärungshandlung sei nicht gegeben.
Gründe für die Entscheidung
Ein Irrtum im Sinne des § 119 BGB liegt dann vor, wenn das erklärte nicht dem tatsächlichen Willen des Erklärenden entspricht. In diesem Fall müsste der Kläger nachweisen, dass die Stornierung seiner Reise nicht seinem tatsächlichen Willen entsprach und er sich bei der Durchführung der Stornierung mehrfach “verklickt” habe. Das Gericht hielt es jedoch für lebensfremd, dass der Kläger bei insgesamt fünf verschiedenen Schritten jedes Mal einen Fehler gemacht hätte.
Der Reiseveranstalter legte dar, dass für die endgültige Stornierung mehrere Schritte notwendig gewesen seien:
- Angabe des Grundes für die Stornierung.
- Bestätigung, was genau storniert werden soll.
- Hinweis auf die Konsequenzen der Stornierung und erneute Bestätigung.
- Letztlich eine finale Bestätigung der Stornierung.
In allen diesen Schritten sei das Wort “Stornierung” mehrfach und deutlich sichtbar gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass der Kläger bewusst und absichtlich die Stornierung vorgenommen habe.
Angemessenheit der Stornogebühren
Das Gericht befand, dass der Reiseveranstalter berechtigt war, eine Entschädigung in Höhe von 3.859,21 EUR zu verlangen. Der Reiseveranstalter hatte schlüssig dargelegt, dass er für die Buchung der Reiseleistungen im Voraus Zahlungen leisten musste, die durch die Stornierung verloren gingen. Die Höhe der Stornogebühr entsprach den tatsächlich angefallenen Kosten für die bereits gebuchten und bezahlten Leistungen.
Baustelle am Hotel
Der Einwand des Klägers, dass neben dem gebuchten Hotel eine Baustelle liege, wurde vom Gericht ebenfalls zurückgewiesen. Der Kläger hatte keine konkreten Angaben oder Beweise vorgelegt, die eine erhebliche Beeinträchtigung durch Baulärm belegten. Auch eine Mängelanzeige, wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist, wurde nicht gemacht.
Fazit
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei Online-Buchungen und Stornierungen genau auf die einzelnen Schritte zu achten. Eine vermeintliche Unübersichtlichkeit der Webseite schützt nicht automatisch vor den Auswirkungen einer Stornierung. Reisende sollten daher stets sicherstellen, dass sie die Konsequenzen ihrer Online-Aktionen vollständig verstehen, um unerwünschte Ergebnisse zu vermeiden. Sollten dennoch Missverständnisse oder Probleme auftreten, ist es ratsam, sich frühzeitig rechtlich beraten zu lassen.
Die Kanzlei am Südstern aus Berlin steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung und kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Reiserecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
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Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Anliegen oder Fragen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Amtsgericht München vom 18.04.2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.