Stärkung der Fluggastrechte in 2023 – Zeitpunkt der Ersatzbeförderung

von Henning Albers // Juristischer Mitarbeiter // Kanzlei am Südstern

 

» Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu. Für Reisende  gab es damit abermals neue Rechtsprechung zur EU-Fluggastrechte-VO.

Insbesondere zwei Fälle, einer aus dem Juni (Urt. v. 27.06.2023, Az. X ZR 50/22) und einer aus dem Oktober (Beschl. v. 10.10.2023, Az. X ZR 123/22), die den Weg bis zum BGH gefunden haben, stärkten die Rechte von Betroffenen annullierter Flüge.

 

Reisende können entgeltfrei Zeitpunkt der Ersatzbeförderung bestimmen

Im ersten Fall ging es um den Zeitpunkt der Ersatzbeförderung.

Zwei Urlauber wurde im Zuge der Coronapandemie die Flüge im Frühjahr 2020 annulliert.

Anstatt der Flugpreiserstattung beantragten sie eine Ersatzbeförderung durch die annullierende Fluglinie, die allerdings erst Monate nach dem annullierten Flug stattfinden soll.

Die betroffene Fluggesellschaft war dazu nur unter Aufpreis bereit.

Die beiden Urlauber gingen dann gerichtlich dagegen vor, verloren in erster und zweiter Instanz bevor der Fall beim BGH gelandet ist.

Dieser entschied, dass die Ersatzbeförderung ohne zusätzliche Entgelte für den Betroffenen zu erfolgen hat. Reisende können ohne Zusatzkosten den Zeitpunkt des Ersatzflugs selbst bestimmen.

 

Reisenden steht Ersatzanspruch zu bei verspäteter Ersatzbeförderung

Im zweiten Fall ging es um das gegenteilige Szenario: Wegen eines Blizzards musste ein Flug von München nach Reykjavik annulliert werden. Die betroffenen Fluggäste wurden auf einen Ersatzflug zwei Tage nach dem Sturm umverlagert. Allerdings gab es am Zwischentag ebenfalls einen Flug von Reykjavik nach München; der Sturm war auch bereits weitergezogen.

Die Betroffenen klagten auf Entschädigung. Die betroffene Fluggesellschaft hielt sich von einer Haftung ausgeschlossen: Schließlich habe sie den Reisenden einen Ersatzflug, wenn auch einen Tag später, angeboten.

Der BGH wies die Auffassung der Fluggesellschaft zurück und gab den Klagenden Recht.

Die zur Ersatzbeförderung verpflichtete Fluggesellschaft müsse einen schnellstmöglich verfügbaren Ersatzflug anbieten.

Dies gelte nicht, wenn der Fluggesellschaft dadurch ein nicht tragbares Opfer entstünde (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 – C-74/19).

Im vorliegenden Fall verneinte der BGH diese Ausnahme: Es sei nicht ersichtlich, warum der am Zwischentag erfolgte Flug nicht für die Ersatzbeförderung der Betroffenen geeignet gewesen wäre.

 

Grundsätzlich haben Fluggesellschaften demnach die Pflicht, die Ersatzbeförderung so schnell wie möglich anzubieten. Ein zu spät erfolgender Ersatzflug löst Ersatzansprüche der Betroffenen aus.

 

Haben Sie Fragen zum Reiserecht? Wir von der Kanzlei am Südstern stehen Ihnen gerne bei rechtlichen Problemen zur Seite. Sie können uns über das Formular auf unserer Webseite, unter 030 695 330 96 oder kontakt@kanzlei-am-suedstern.de erreichen.